Vier Tage auf dem Rad – ein Rückblick

Jeder Tag ist anders – wir lernen viel!

Campingplatz Gugel nach Murg (60 km)
Die erste Nacht in unserem neuen Zelt auf neuen Isomatten – früh um sechs Augen auf und sofort hellwach und topfit!

Bettina geht auf die Yogamatte und Günter macht sich an den Benzinkocher – es gibt Kaffee aus Vietnam – schwarz und schokoladig, unser Highlight am Morgen 🙂

Um acht sitzen wir hochmotiviert auf unseren fertig gepackten Rädern. Es geht runter zum Rhein, genau genommen zum Altrhein, der nicht schiffbar ist.


In Kembs löst sich das Rätsel, hier wird der Rhein seit 1932 geteilt und zwar in den Altrhein und den Rheinseitenkanal bzw. Grand Canal d`Alsace. Wir lassen es uns natürlich nicht nehmen über die Schleuse mit Wasserkraftwerk zu fahren und einen Fuß auf französischen Boden zu setzen.

Kurz danach haben wir noch eine interessante Begegnung mit einem Holländer, der uns auf einem älteren Fahrrad, mit langer Hose und warmem Pulli entgegenkommt und munter erzählt, dass er gerade mit dem Nacht-Flixbus in Basel angekommen ist und jetzt nach Holland zurückfährt. So 120 km am Tag. Mit 80 Jahren schafft er nicht mehr so viel, aber früher da hat er täglich 180 km gemacht. Sieben Tage braucht er, um am Rhein wieder in seiner Heimat anzukommen. Uns motiviert die Geschichte und wir haben ein neues Vorbild :))

Dann geht es weiter nach Basel, wo wir immer wieder die Grenze zwischen der Schweiz und Deutschland passieren.

Langsam wird es immer wärmer, die Kilometer werden immer länger. Aber wir haben ein Ziel: Naturcamping direkt am Rhein bei Murg. Wir kommen gegen 17:00 Uhr hier an und hier fühlen wir uns gleich wohl! Ein Wiese, Kanus und Kajaks, ein Schäferwagen, ein großes Kochzelt für Gruppen, ein Waschraum mit zwei Duschen, Toiletten und Waschbecken für Mann und Frau. Alles ist hier einfach geregelt. Gleich zu Beginn lernen wir Kirim kennen, der vor ein paar Wochen auf seinem alten Rad im Allgäu seine Arbeit und Freunde hinter sich gelassen hat und eine Auszeit mit unbekannter Länge genießt. Cooler Typ, der neugierig und mit Freude auf alles und jeden zugeht und schon jetzt viele Menschen kennengelernt und Erfahrungen gesammelt hat.

                            
Heute kochen wir selber, erst werden Zwiebel, Pilze und Zuccini angebraten, dann kommen frische und gestückelte Dosen-Tomaten hinzu, mit Wasser alles aufgekocht und dann mit Couscous ergänzt wird. Alles aus einem Topf, schmeckt uns riesig gut.

Nun werde ich noch von Günter an die hohe Kunst des Zeltaufbaus herangeführt, während um uns herum immer mehr Radfahrer mit Zelt ankommen und sich niederlassen. Eine nette bunte  Truppe, es wird ein fröhlicher Abend unter Gleichgesinnten. Wir geniessen es!

Von Murg nach Langwiesen bei Schaffhausen (72 km)
Entsprechend schlafen wir gut und wachen erst gegen sieben auf. Jeder Knochen ist spürbar, aller Anfang ist schwer. Wir beginnen den Tag etwas langsamer, nehmen uns Zeit und trinken erstmal gemütlich unseren leckeren Kaffee. Langsam erwacht auch das Leben um uns herum, die junge Frau, die mit Anhänger und zwei Hunden unterwegs ist, geht erst mal eine Runde spazieren, das Ehepaar mit den Luxus-Liege-Fahrrädern mit E-Antrieb und je vier großen Packtaschen teilen sich auf, er holt frische Brötchen oder besser Bananen und Joghurt, während sie schon das Zelt abbaut, die Familie wird auch langsam wach und der kleine Junge stellt fest, dass ich auf ihrem Stammplatz sitze und muss dieses gleich lautstark seinen Eltern mitteilen. Um 9:00 Uhr verabschieden wir uns fröhlich von diesen netten Menschen.

Wir merken schnell, dass es wieder sehr heiß wird und auch, dass wir früher Hunger verspüren. Also wird schon bald eine Parkbank am Rheinufer aufgesucht und das Frühstück ausgepackt: Haferflocken, Körner und Saaten Granulat, Nüsse, Cranberrys mit Wasser vermischt, für uns eine lieb gewonnene Mahlzeit.

    

Überraschend stößt nach der Weiterfahrt die junge Frau aus dem Nachbarzelt zu uns, sie war drei Tage je 150 km gefahren und hatte dann Probleme in der Achillessehne. Ungewollt hatte sie einen Umweg genommen und begleitet uns ein Stück des Weges. Da sie immer noch Beschwerden hat, will sie in den Zug umsteigen.
Kurzerhand legen wir auf der Wiese vor einem ehemaligen Zollhaus eine Runde mit therapeutischen Übungen für die Beinrückseite ein. Es macht sehr viel Freude, das in der Yogaausbildung gelernte Wissen weiterzugeben und anderen Menschen damit helfen zu können.


Später legen wir noch eine Pause ein und machen Bekanntschaft mit Xavier aus Lyon. Er ist allein unterwegs und nimmt sich gerade zwischen zwei Jobs eine mehrwöchige Auszeit in der er die Alpen mit dem Rad überqueren und Italien erkunden will. Er hat das gleiche Ziel, fährt aber weitaus flotter als wir. Besonders Günter macht die Hitze zu schaffen, so dass wir eine Trink- und Essenspause auf der Treppe vor einem Schweizer VAGOS-Supermarkt machen.

 

Anschliessend kommt der anstrengendste Abschnitt auf unserer Tour, wir übersehen einen Pfeil, unser Navi zeigt derzeit im Offline Modus nur an, dass wir neben der geplanten Strecke fahren und müssen bei glühender Hitze immer weiter den Berg hoch. Bis Schaffhausen schaffen wir 590 Höhenmeter, wir kommen an unsere Grenze, sind aber stolz, dass wir es geschafft haben.

Zum Rheinfall von Schaffhausen (CH) können wir uns dafür runterrollen lassen, das nehmen wir, na klar, gerne an. Auf eine Kugel Eis für fast vier Euro verzichten wir aber trotzdem, geniessen lieber den Blick auf das schäumende Wasser und den beeindruckenden Wasserfall über eine Breite von 120 Metern und eine Höhe ca. 23 Metern. Ein wunderschönes Naturschauspiel.

Auf dem Campingplatz in Langwiesen wird uns ein Zeltplatz zugewiesen und dieser liegt zu unserer Freude direkt neben dem von Xavier. Man trifft sich doch immer mal wieder. Am Abend springe ich noch einmal in den Rhein, nachdem ich mich mit dem Schwan angefreundet habe und lasse mich von der Strömung gute 100 Meter rheinabwärts treiben. Zum Abschluss gönnen wir uns ein Abendessen im Restaurant des Platzes.


Langwiesen nach Altnau (72 km)


Morgens als Junikäfer (hier: Rotation in Ellbogen und Knien) entdecke ich neue Blickwinkel !

Gemeinsam mit Xavier gibt es Kaffee, gebraut von Günter, die beiden netten Damen neben uns, trinken lieber Tee.

Morgens löst sich die Reihe mit Zelten wieder auf, jede/r in seinem Tempo, aber alle frühstücken, bauen ihr Zelt ab, stopfen den Schlafsack in kleine Beutel, lassen die Luft aus den Matten, rollen alles sorgfältig zusammen und werfen immer wieder einen Blick, welche Dinge und Ausrüstung denn die anderen so haben. Immer wieder werden Tips und gute oder auch schlechte Erfahrungen ausgetauscht. Man ist interessiert und offen. Morgens ist die Welt in Ordnung!

Heute geht es zuerst mit unserem französischen Freund zum COOP Supermarkt. Günter braucht dringend Rasierzeug und bringt gleich noch ein Baguette, Tomaten und Käse für unser  Frühstück mit. Nach dem entspannten Einkauf der beiden Männer heißt es Abschied nehmen. Gute Reise!
Für uns geht es in Richtung Bodensee, darauf freuen wir uns schon. Aber nach den ersten Kilometern muss ich feststellen, dass mein Hinterteil schon ganz schön mitgenommen ist von den langen Stunden auf dem Rad. Also kämpfe ich heute mit der Motivation weiterzufahren und suche immer wieder eine leicht veränderte Sitzhaltung. Uns hilft es sehr, uns vorzustellen, dass wir ja ein Stück des Weges mit der Fähre zurücklegen können. Aber heute fliegen die Kilometer, es gibt wenig Höhenmeter und die wunderschönen Blicke auf den Bodensee, der ja bereits 25 km vor Konstanz / Kreuzlingen in Stein am Rhein beginnt, lenken uns von der Müdigkeit ab.

Mit der Fähre ist es nix, denn in Richtung Bregenz fahren die Schiffe wohl nur in der Hauptsaison. So entscheiden wir einfach den ersten Campingplatz hinter Kreuzlingen anzusteuern. In Altnau werden wir fündig und geniessen den kleinen Ort, finden ein authentisches Restaurant, wo wir fürstlich essen (ok, dass es in der Schweiz teuer ist, wussten wir ja). Am Abend werden wir noch von einem perfekten Sonnenuntergang über dem Bodensee beglückt:
          

 

Wir nehmen wahr, dass wir jetzt auf unserer Tour so richtig angekommen sind!

DANKE

 

 

Von Altnau nach Frümsen (90 km)

Der halbe Ruhetag hat uns gut getan, morgens schon um 6:30 Uhr fühlen wir uns frisch und bereit für den Tag. Heute wollen wir es bis zu unseren Freunden schaffen. Wir haben unsere Ankunft für abends um 20 Uhr angekündigt und freuen uns mit Zeit, aber auch Respekt auf die lange Fahrradstrecke.
Wir sind die ersten auf dem Zeltplatz und beschließen kurzerhand für das Frühstück auszuwandern, um die Anderen nicht zu stören.

Es ist nicht der schönste Platz, aber hier können wir nach Lust und Laune plaudern und stören niemanden.

Heute gibt es trockenes Brot zum Kaffee, Reste müssen eben auch verwertet werden!

Nach dem Auschecken geht es dann auf die Radroute 2, der wir heute durchgehend folgen wollen. Damit umgehen wir auch wieder ein paar Höhenmeter, die wir ursprünglich vorgesehen hatten. Bei den warmen Temperaturen und dem wieder Mal zu viel eingepackten Dingen, schonen wir uns lieber und fahren dafür ein paar Kilometer weiter.

In der Schweiz gibt es ein paar sehr schöne Einrichtungen und zwar Badestellen, hier „Badi“ genannt. An der ersten wird gleich gestoppt und Bettina schlüpft in ihr Badezeug und springt ins nasse Blau. Am Badi gibt es Toiletten und Umkleiden, Fahrradstellplätze, eine große Rasenfläche mit großen Bäumen, eine Dusche und eine kleine Schwimminsel. Alles picobello!

 

Nach dem Schwimmen gehe ich wagemutig unter die eiskalte Dusche. Das tut gut.
(Spätestens nach dem Duschen)

 

 

 

 

Wir fahren gemütlich weiter, kommen superschnell voran und sind mit uns und der Welt zufrieden. Wir schaffen es sogar noch bis an den Rheinspitz, einem Naturschutzgebiet an der Mündung des Rheins in den Bodensee.


Es geht dann weiter den Rhein rauf, die Sonne brennt, wir kommen das erste Mal nach Österreich, folgen allen Umleitungen, die uns unterwegs angezeigt werden und legen immer wieder Pausen ein.
Wie hier zu sehen, suchen wir die wenigen Schattenplätze dafür.

Gegen 19 Uhr ist die Freude groß, endlich in Frümsen, drei Ruhetage liegen vor uns, ganz entspannt und zusammen mit unseren Freunden.

Hier werden wir herzlich begrüßt und königlich versorgt. Erst etwas gegen den Durst, dann Aperol Spritz für die Damen und ein Bierchen für die Herren. Gekocht hat der Chef persönlich: Gulasch mit Nudeln und hinterher Eiscreme mit Erdbeeren und Sahne. Wie geht es uns doch gut.

Dieser Beitrag hat 2 Kommentare

  1. Ursula Krämer

    Hallo Ihr Beiden,
    bin die Strecke mitgefahren, war gar nicht anstrengend!!!!

    Kann mir vorstellen, daß das sehr gute Wetter und die netten und gleichgesinnten Leute für Euch Ansporn und Freude bereiten!

    Ich wünsche Euch weiterhin gute Fahrt und viele wunderschöne Eindrücke !
    In diesem Sinne toi,toi toi !

    Liebe Grüße aus Norderstedt

  2. Iris

    Hi ihr lieben beiden Radler und Abenteurer,
    vielen Dank für die vielen schönen Eindrücke Eurer Reise.
    Toll, was ihr alles erlebt und auf welch nette Menschen ihr so trefft. Und ich bin sehr beeindruckt von den vielen Kilometern, die ihr da schrubbt!!
    Habt eine schöne und erholsame Zeit bei Euren Freunden.
    Ganz liebe Grüße, Iris ☀️😘☀️

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